Kundgebung auf dem Burgplatz

von | 14.11.2003

Mit einer eindrucksvollen Kundgebung auf dem Burgplatz in Essen, an der auch zahlreiche Studierende und Lehrende unseres Nikolaus-Groß-Abendgymnasiums teilnahmen, demonstrierten die katholischen Schulen im Bistum Essen am gestrigen Nachmittag ihre Verbundenheit und Solidarität mit dem Bischof von Essen in dem gemeinsamen Bemühen, die Eingriffe des Landes Nordrhein-Westfalen in die Ersatzschulfinanzierung abzuwehren. 25% mehr an Belastung oder in konkreten Zahlen: 750000 € für den Haushalt des Bistums Essen – diese zusätzlichen Kosten kann das Bistum Essen nicht tragen – insbesondere in einer Zeit, die durch eine hohe Arbeitslosigkeit, die bevorstehende Steuerreform und damit durch einen dramatischen Rückgang der Kirchensteuereinnahmen gekennzeichnet ist. Das Plakat des Nikolaus-Groß-Abendgymnasiums brachte es auf den Punkt: „Weiterbildung am Niko-laus-Groß-Abendgymnasium: Kostengünstig und WERT(E)VOLL“. In der Tat: Unsere Schule – dies ist durch konkrete Zahlen belegbar – ist das kostengünstigste Weiterbildungskolleg in Nordrhein-Westfalen und hat in den letzten 10 Jahren durch Einsparungen in Millionenhöhe den Staatshaushalt des Landes in überdurchschnittlicher Weise mitsaniert: durch die Eigenleistung des Bistums, durch eine vorsichtige Personalpolitik, bei der nicht immer alle verfügbaren Stellen auch besetzt wurden, durch die Vermeidung von Überhangstellen (Ende der 90er Jahre gab es mehr als 100 Überhangstellen an den Schulen des Zweiten Bildungsweges, die vom Land Nordrhein-Westfalen in vollem Umfang finanziert werden mussten – nicht so an unserer Schule), durch die Erhöhung der Lehrer-Schüler-Relation von 15,2 auf 17,7), durch die Einführung der Vorgriffsstunden, durch die geplante Erhöhung der Pflichtstunden und schließlich die neue Erhöhung der Lehrer-Schüler-Relation sowie die Kürzung des Weihnachtsgeldes. In der Summe ergibt sich ein finanzielles Einsparvolumen, das eine katholische Ersatzschule in deutlich überdurchschnittlicher Weise belastet.

WERT(E)VOLL: Unsere Schule hat ein christliches Profil, das sich am Vorbild unseres Namengebers Nikolaus Groß und den christlichen Grundwerten, für die er sein Leben eingesetzt hat, orientiert. Dies wird im Schulprogramm, im Schulklima, im Fach Religion und in anderen Fächern, in fächerübergreifenden Projekten wie der Friedenserziehung, der Bioethik, der Verantwortung für die eine Welt und nicht zuletzt in der größten Internetpräsentation einer deutschen Schule für ihren Namengeber und für die Grundwerte deutlich (www.ng-wbk.de/nikolaus-gross).

So hat jede katholische Schule im Bistum Essen ein unverwechselbares christliches Profil, das sie von einer staatlichen Schule – bei klarer Gleichwertigkeit der Bildungsabschlüsse – unterscheidet. Wer durch finanzielle Kürzungen die Existenz dieser Schulen bedroht – dies wurde auf der Demonstration von allen Rednern betont – macht eine Reihe von gravierenden Fehlern:

  1. Er „rechnet falsch“, weil er Sparsamkeit bestraft und das Risiko eingeht, dass er die Kosten für diese Schulen am Ende selber tragen muss (so der Oberbürgermeister der Stadt Essen, Dr. Wolfgang Reiniger)
  2. Er handelt gegen den Artikel 8 der Landesverfassung (so der Hauptredner der Kundgebung, Herr Professor Raimund Wimmer)
  3. Er zerstört die Vielfalt der Bildungslandschaft und beeinträchtigt das Recht der Eltern und unserer Studierenden auf freie Schulwahl (so die Eltern- Schüler- und Lehrervertreter)
  4. Er gefährdet die Existenz der katholischen Schulen im Bistum Essen (so Dr. Felix Genn, der Bischof von Essen).

Angesichts dieser Tatsachen ist die Begründung der Landesregierung für die geplanten Bildungsmaßnahmen „HARTE EINSCHNITTE SICHERN DIE ZUKUNFT UNSERER KINDER“ nur als zynisch zu bezeichnen. Wenn man die oben dargelegten Fakten in diese Formulierung einbezieht, so müsste es heißen: HARTE EINSCHNITTE BEI DEN KINDERN (UND ERWACHSENEN) AN DEN ERSATZSCHULEN SICHERN DIE ZUKUNFT UNSERER KINDER (UND ERWACHSENEN) AN DEN STAAATLICHEN SCHULEN oder noch präziser: HARTE INSCHNITTE BEI DEN KINDERN (UND ERWACHSENEN) AN DEN ERSATZSCHULEN, WELCHE DIE SPARSAMSTEN UND KOSTENGÜNSTIGSTEN SIND SICHERN DIE ZUKUNFT UNSERER KINDER (UND ERWACHSENEN) AN DEN STAAATLICHEN SCHULEN, DIE IN DER VERGANGENHEIT NICHT IN GLEICHEM UMFANG KOSTENGÜNSTIG WAREN UND AUCH WEITERHIN TEURER SEIN WERDEN ALS DIE ERSATZSCHULEN.

Durch die Beschlüsse der Landesregierung ist ein bizarres Szenario entstanden: Schulen, die kostengünstig sind, werden durch ein permanentes Drehen an der Schraube der Ersatzschulfinanzierung in existentielle Krisen gestürzt, andere, die nicht so kostengünstig sind, werden zusätzlich gefördert. Wir empfinden dies als zutiefst ungerecht.

Als Leiter des Nikolaus-Groß-Abendgymnasiums fordere ich im Verbund der katholischen Schulen des Bistums die Landesregierung auf, die mir anvertrauten Studierenden nicht schlechter zu behandeln als Studierende an anderen Weiterbildungskollegs in Nordrhein-Westfalen. Wenn Kürzungen im Bildungsbereich durchgeführt werden, wie z. B. die Erhöhung der Pflichtstundenzahl, dann sollten sie alle Schulen gleichermaßen betreffen. Sonderopfer sind nicht akzeptabel. Sie grenzen unsere Schulen aus.

DIE LANDESREGIERUNG HAT EINE GEMEINSAME FÜRSORGEVERPFLICHTUNG FÜR ALLE SCHULEN UND ALLE SCHÜLER UND STUDIERENDEN IN DIESEM LAND. DAZU GEHÖREN AUCH UNSERE SCHULEN!

Liebe Studierende, Liebe Lehrende und liebe Ehemalige des Nikolaus-Groß-Abendgymnasiums:

Die Demonstration auf dem Burgplatz war nicht das Ende, sondern der Anfang. Unser Ziel ist noch nicht erreicht! Es muss lauten: VOLLSTÄNDIGE WIEDERHERSTELLUNG DES STATUS QUO ANTE! SICHERUNG DER EXISTENZ ALLER KATHOLISCHEN SCHULEN UND BEENDIGUNG DER UNSICHERHEIT DURCH EINE SOFORTIGE UND UNVERZÜGLICHE ENTSCHEIDUNG DER LANDESREGIERUNG.

Ich appelliere daher nachdrücklich an Sie alle, Studierende, Lehrende und Ehemalige des Nikolaus-Groß-Abendgymnasiums, in Ihren Anstrengungen nicht nachzulassen und weiterhin kraftvoll und solidarisch für die Existenz unserer Schulen zu kämpfen. In diese Solidarität schließen wir ganz bewusst auch alle sozialen Einrichtungen der Caritas in unserem Bistum ein, die durch den Ausstieg des Landes aus der Mischfinanzierung bedroht sind: von den Kindergärten über die Jugendarbeit, das Cafe Nachtfalter und die Eheberatung bis hin zur Bahnhofsseelsorge. Es steht viel auf dem Spiel! Wir müssen gemeinsam verhindern, dass das soziale Netz im Ruhrgebiet – über viele Jahrzehnte seit dem Beginn der Industrialisierung von Frauen und Männern wie Elisabeth und Nikolaus Groß aufgebaut – zerreißt und die Menschen ins Bergfreie fallen. Auch in Zeiten der Krise – so der Bischof von Essen – steht für die Kirche immer noch der Mensch im Mittelpunkt, und die Kirche hat – dies zeigen auch die zahllosen Hilfsaktionen der Caritas im Bistum Essen auf dem Balkan und das Engagement von Adveniat in Lateinamerika – eine Option für die Armen, die sie – hier im Ruhrgebiet und weltweit – mit Engagement und Compassion wahrnimmt.

Sorgen wir gemeinsam im Ruhrgebiet dafür, dass dieses soziale Netz nicht zerreißt – nicht in unseren Schulen und auch nicht in den vielfältigen sozialen und caritativen Einrichtungen des Bistums.

Ich danke an dieser Stelle allen, die sich in der Vorbereitung dieser Kundgebung vorbildlich engagiert haben und allen, die an der Demonstration teilgenommen haben; gemeinsam mit Ihnen werde ich über weitere Maßnahmen beraten.

In herzlicher Verbundenheit
Ihr

Bernhard Nadorf