Das Abitur ist keineswegs unmöglich – man kann es schaffen

von | 14.01.2006

32 Studierende erreichen ihren Abschluss und erhalten das Abiturzeugnis

Marco Galla feiert heute mit. Das bestandene Abitur. Und er ist sehr stolz darauf. Er feiert das bestandene Abitur seiner Mutter, die nach 2 ½ jährigem Studium in Abendkursen ihre Allgemeine Hochschulreife erreicht hat. Heidi Galla ist mit 42 Jahren die älteste Absolventin unter den 32 Abiturientinnen und Abiturienten, denen am 13. Januar 2006 auf dem Nikolaus Groß Abendgymnasium das Abiturzeugnis überreicht wurde.

Eigentlich hat es ihr Sohn nie verstanden, warum sie auf dem ersten Bildungsweg vor 27 Jahren gleich zweimal durch die Abiturprüfung fiel. Doch war es seit dem immer ihr Wunsch, eines Tages den höheren Schulabschluss doch noch zu schaffen.

Heidi Galla ist berufstätig. Sie arbeitet in einer Arztpraxis. Als sie vor 2 Jahren an einer berufsbegleitenden Weiterbildung teilnahm, stellte sie schnell fest: Arbeiten und zeitgleich lernen, das ist keineswegs unmöglich – man kann es schaffen. Eines Tages erzählte ihr ein Patient in der Praxis – er war damals selbst Studierender auf dem Weiterbildungskolleg – vom Nikolaus-Groß-Abendgymnasium. Da sah Heidi Galla ihre Perspektive. Nach einem Beratungsgespräch folgte die Anmeldung und schließlich der berufsbegleitende Unterricht in der Franziskanerstraße.

Besondere Unterstützung erfuhr sie dabei auch von ihren Arbeitskolleginnen und vor allem von ihrem Chef, der eine Teilzeitkraft einstellte, damit Heidi Galla täglich rechtzeitig die Praxis verlassen konnte, um pünktlich im Unterricht am Abendgymnasium zu erscheinen. Auch Christina Galla, die Tochter, unterstützte ihre Mutter in dieser Zeit sehr. Denn für Heidi Galla stand eines fest: „Wenn ich das mache, dann muss es auch von meiner Familie mit getragen werden.“ Und dann war da noch der Tanzpartner, der 2 Jahre lang Rücksicht genommen hat und die gemeinsamen Tanzstunden auf ein Minimum reduzierte. Dennoch erzählt Heidi Galla von einigen Freitagen, an denen sie nach der Arbeit den Abendunterricht besuchte und anschließend noch zur Tanzschule fuhr. Das sei für sie trotz der Anstrengungen ein wichtiger körperlicher Ausgleich gewesen, der zwar während dieser Zeit seltener möglich war, aber hin und wieder sein musste. „Aber jetzt starten wir wieder richtig durch“ freut sich ihr Tanzpartner. Und so hat Heidi Galla, für die es schon ein komisches Gefühl ist, jetzt nicht mehr jeden Abend zur Schule zu gehen, gleich wieder eine neue Beschäftigung in ihrer Freizeit.

„Auf dem Abendgymnasium habe ich das erste mal im Leben wirklich positive Schulerfahrungen gemacht“, erzählt sie heute auf ihrer Abiturfeier glücklich und freut sich besonders über die neuen privaten Freundschaften, die sie durch die Lerngruppen schließen konnte und die ihr „mit Sicherheit auch nach meinem Abschluss erhalten bleiben“.

Neben Heidi Galla sind auch ihre jetzt ehemaligen Mitstudierenden sichtlich stolz während der Zeugnisübergabe durch Schulleiter Bernhard Nadorf. Sie alle werden sich nun an eine neue Lebenssituation gewöhnen müssen: Das Leben ohne die Abendschule, ohne den täglichen Unterricht, ohne Lernwochenenden. Aber sie werden den Kontakt nicht abbrechen. Denn mit ihnen steigt die Zahl der Ehemaligen, die sich mindestens einmal jährlich auf dem Schulfest wiedertreffen.